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Ernährung

Ernährung entsprechend den Jahreszeiten

Effekt der Jahreszeiten auf die doṣas

In Ayurveda-Lehrbuch – Kompendium des Ayurveda-Klassikers Caraka Samhita, Sutrasthanam 3.2 heißt es:

In Indien, der Heimat von Agnivesha und Caraka, teilt man das Jahr in sechs Jahreszeiten oder in zwei Perioden zu drei Jahreszeiten. Die Periode, wenn die Sonne auf nördlichem Kurs ist [śiśira – grīṣma], nennt man ādāna (empfangend) oder uttarāyana und die Periode, wenn die Sonne auf südlichem Kurs ist [varṣa – hemanta], nennt man visarga (abgebend) oder dakṣināyana.

vasanta Frühling Mitte März – Mitte Mai
grīṣma Sommer Mitte Mai – Mitte Juli
varṣa Regenzeit Mitte Juli – Mitte Sept.
sarat Herbst Mitte Sept. – Mitte Nov.
hemanta früher Winter Mitte Nov. – Mitte Jan.
śiśira später Winter Mitte Jan. – Mitte März
vāta pitta kapha
vasanta +++
grīṣma +
varṣa +++ +
sarat +++
hemanta
śiśira +

Zeichenerklärung: + = Zunahme | = Abnahme | +++ = stark

Nach den Veden gibt es zwar unzählige Universen, aber nur eine Sonne und einen Mond in jedem Universum. Die Sonne bewegt sich im antariksha genannten Bereich zwischen Erde und Weltraum auf festen Bahnen um das Zentrum des Universums. Die Erde befindet sich in der Nähe dieses Zentrums und dreht sich nicht um sich selbst.

Gemäß dem Jyotir Veda, dem Bhagavatam und anderen vedischen Schriften, bewegt sich die Sonne in großer Entfernung um die Erde und zwar für sechs Monate in 180 Umlaufbahnen nach Norden (vertikal, aufwärts) bis 5000 Yojanas (ved. Längenmaß, 1 yojana = ca. 12,8 km) über dem Äquator und gleichzeitig bewegt sie sich auf das Zentrum bzw. die Erde zu. Diese Periode wird uttarāyana genannt. Dann bewegt sie sich für sechs Monate in 180 Umlaufbahnen nach Süden (vertikal, abwärts) bis 5000 yojanas unterhalb des Äquators und gleichzeitig von der Erde weg. Diese Periode wird dakṣināyana genannt. In uttarāyana bewegt sie sich am Tag langsam und in der Nacht schneller und in dakṣināyana ist es umgekehrt. Dadurch werden Tag für Tag die Tage während ihrer nördlichen Wanderung länger und die Nächte kürzer und während ihrer südlichen Wanderung die Nächte länger und die Tage kürzer.

A.C. Bhaktivedanta Swami Prabhupada erklärt in einer Erläuterung im Śrīmad-Bhāgavātam (5. Canto, 21. Kapitel: „Die Bahn der Sonne“):

„. . . Wenn die Sonne in den Karkata-rāśi (Krebs) tritt und dann über den Simha-rāśi (Löwe) bis zum Dhanuh-rāśi (Schütze) usw. wandert, wird ihr Lauf dakṣināyana, die südliche Bahn, genannt, und wenn sie in den Makara-rāśi (Steinbock) tritt und danach über den Kumbha-rāśi (Wassermann) usw. bis zum Mithuna-rāshi (Zwillinge) wandert, heißt ihr Lauf uttarāyana, die nördliche Bahn. Wenn die Sonne im Meṣa-rāśi (Widder) oder im Tulā-rāśi (Waage) steht, sind Tag und Nacht gleich lang. . .“

In der Brahma-samhitā (5.52), den Gebeten Śrī Brahmās zum Höchsten Herrn, bezieht sich folgender Vers auf den Lauf der Sonne und den Initiator dieser Bewegung:

yac-cakṣur eṣa savitā sakala-grahānām | rājā samasta-sura-mūrtir asheṣa-tejāh || yasyājñayā bhramati sambhrita-kāla-cakro | govindam ādi-puruṣam tam aham bhajāmi ||

„Die Sonne, der König aller Planeten, voll unendlicher Leuchtkraft, das Abbild der guten Seele, ist wie das Auge dieser Welt. Ich verehre den urersten Herrn Govinda, auf dessen Anordnung die Sonne ihre Reise vollführt auf dem Rad der Zeit [kāla-cakrah].“

Visarga ist saumya (soma-dominant) und ādāna ist āgneya (agni-dominant). Saumya bedeutet, daß der Einfluß von Soma (Mond), der mit kapha in Beziehung steht, vorherrschend ist. Agneya bedeutet, daß Agni (Feuer; Sonne), der mit pitta in Beziehung steht, die Vorherrschaft hat. In ādāna saugt die Sonne die Feuchtigkeit der Natur auf, während gleichzeitig der raue Wind die Natur austrocknet. Dadurch wird in den drei zugehörigen Jahreszeiten fortschreitend Rauheit produziert, die rasas tikta, katu und kaṣāya nehmen zu und verursachen Schwäche in den Menschen. In visarga kühlt der Mond die Natur und Wasser vom Himmel befeuchtet sie in der Regenzeit, die nicht-rauen rasas amla, madhura und lavana nehmen zu und fördern die Stärke im Menschen. Sonne, Mond und Wind sind unter dem Einfluß der ewigen Zeit verantwortlich für das Erscheinen der Jahreszeiten, die Zu- oder Abnahme von rasa und doṣa und die körperliche Stärke oder Schwäche.

Was für den indischen Subkontinent gilt, kann man natürlich nicht einfach für unsere gemäßigte Zone übernehmen. Entscheidend ist das Verständnis der regulierenden Prinzipien hinter diesen Phänomenen. Durch dieses Verständnis kann man sich richtig verhalten entsprechend der Jahreszeiten und so Krankheiten vermeiden.

In der kalten Jahreszeit wird agni (Verdauungsfeuer) stärker und fähig, schwere Nahrungsmittel und größere Mengen Nahrung zu verdauen. Deshalb absorbiert er die Körpersäfte, wenn er nicht genügend Brennmaterial (Nahrung) bekommt, was wiederum zu einer Erregung von vāyu führt. Also sollte man in der kalten Zeit fettige, saure und salzige Speisen zu sich nehmen und das Fleisch von fetten Meeres- oder Sumpftieren essen, wenn man kein Vegetarier ist und Wein oder Met als Nachgetränk zu sich nehmen. Sonst sind Milchprodukte, Zuckerrohrprodukte, Fett, Öl, neuer Reis etc. und heißes Wasser die angemessene Diät. Man sollte scharfe, bittere, herbe, kalte und leichte Nahrung und Getränke, starke Winde und alles, was vāta vermehrt, meiden.

Im Sommer begegnet man der Trockenheit und Hitze am besten mit der Einnahme süßer, kalter, flüssiger und fetter Nahrung und Getränke. Regelmäßige Einnahme von kaltem, süßem mantha (ein mit Wasser zubereitetes, nahrhaftes Getränk, das geröstetes Mehl, Zucker, ghrita, Honig, Öl, Trauben, Datteln, Wein und andere Dinge enthalten kann) und ghrita und Milch zusammen mit Reis wird empfohlen. Wein sollte man nur in kleinen Mengen zu sich nehmen, mit viel Wasser oder überhaupt nicht. Man sollte salzige, saure, scharfe und heiße Nahrung und körperliche Anstrengung vermeiden, um eine Zunahme von pitta zu verhindern.

Dies ist nur ein Auszug aus dem Kapitel „Ernährung entsprechend der Jahreszeiten“. Ernährung und Verhalten in den übrigen Jahreszeiten werden ebenfalls beschrieben. Getreidespeisen aus Reis, Weizen, Gerste etc. eignen sich für jede Jahreszeit; Milch und Traubensaft sind hervorragende Getränke für den Sommer, Joghurt dagegen ist aufgrund seiner erhitzenden Eigenschaft kein gutes Nahrungsmittel für den Sommer. Joghurt sollte auch nur tagsüber genommen werden. In der kalten Jahreszeit sind Nahrungsmittel und Getränke empfehlenswert, die vāta nicht vermehren, da vāta die Eigenschaft der Kälte besitzt, während in der warmen Jahreszeit Nahrungsmittel und Getränke, die pitta nicht vermehren, empfehlenswert sind, da pitta die Eigenschaft der Hitze besitzt.